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Warum wir verlieren dürfen. Und müssen.

Es geschah vergangene Woche in Italien. Jugendtrainer Massimiliano Riccini und seine Jungs vom Klub Invictasauro gewannen mit 27:0 gegen Marina Calcio. So weit, so stark. Doch das sahen die Vereinsverantwortlichen ganz anders und entließen den Coach der „Erfolgs“-Kids prompt. Fehlender Respekt gegenüber dem Gegner und mangelnde Vorbildfunktion gegenüber den Kindern seien die Gründe des Vereinspräsidenten gewesen.  

Nun, was sich an jenem Tag wirklich abspielte, wissen nur jene, die auch vor Ort waren. Ob der Trainer sich vielleicht noch lustig machte oder spöttisch kommentierte. Es sei dahingestellt. Die Kommentarspalten der zu dieser Entlassung geschalteten Posts füllten sich in den Sozialen Medien rasant. Und genau diese Kommentare veranlassten uns zu einer kurzen Stellungnahme. Um eine differenzierte Betrachtung der Angelegenheit zu gewährleisten, ist es immer hilfreich, die persönlichen Befindlichkeiten und das Ego wegzulassen. Welche man heute als Erwachsener hat. Denn es geht um die Kinder. 

Als wir damals in der E-Jugend spielten, gab es etwa drei Topteams in unserer Liga, von denen wir jedesmal so richtig eins auf die Mütze bekommen haben. So hieß es gerne mal 1:21 oder 0:19 nach Spielende. Zunächst bleibt festzuhalten: Wir leben immer noch. Und es war völlig in Ordnung, dass wir derart abgeschossen wurden. Natürlich waren wir bereits während der Partien nicht sonderlich erfreut. Denn wer verliert schon gerne. Und der Gegner dann beim Anstoß zur zweiten Halbzeit auch noch sagte: „So, Jungs. Wir fangen wieder bei 0:0 an!“ Einfach um nicht nachzulassen und fokussiert weiterzuspielen. Was für eine krasse Eigenschaft eigentlich in so jungen Jahren. Denn das Ziel eines Fußballspiels ist es immer noch, ein Tor zu erzielen, um das Spiel zu gewinnen. Und dabei kein Gegentor zu kassieren. Einen Angriff startet man, um den Ball ins Tor zu befördern. So oft wie möglich. Wenn man das über neunzig, oder damals dreißig bzw. vierzig Minuten macht, ist das doch bemerkenswert. Deswegen sind wir morgens zum Treffpunkt gefahren und dafür legte man auch einige Kilometer zurück. 

Und obgleich wir für den Moment todtraurig und mehr als bedient waren. Schon einen Tag später gingen wir wieder raus. Nicht zum Vereinstraining, sondern auf den Bolzplatz. Und wir erinnerten uns an den übermächtigen Gegner. An die Situationen, wie er uns ausspielte oder überrannte. Und nun wollten wir Lösungen finden. Wir wollten nicht noch einmal gedemütigt werden. Sie waren vielleicht größer und stärker, technisch versierter und abschlussstärker. Doch wir feilten an uns. Wir machten nicht dem Gegner einen Vorwurf. Wir mussten ja besser werden, um Paroli zu bieten. Wir waren diejenigen, die sich ändern mussten. Und so lernten wir schon früh, was deutliche Niederlagen mit uns machten. Instinktiv nahm man am nächsten Tag den Ball in die Hand und zog los. Um eine Reaktion zu zeigen. Und wisst ihr was, Leute. Als wir im Rückspiel nach der 0:19 Klatsche auswärts ein 1:1 erkämpften, da war all der Schmerz vergessen. Und wir brauchten niemanden, der uns stark redete oder Mut fürs Leben machte. Denn wir erfuhren es leibhaftig, dass du jeden besiegen kannst. Auch wenn noch ein Tor dazu fehlte. Die Chance war da, das Mögliche so nah. 

Und heute sind wir dankbar für all die Gegner. Dass sie uns so abgeschossen haben. Uns erdeten und immer wieder aufzeigten, dass du etwas tun musst, um besser zu werden. Sie waren Vorbilder und der Antrieb unseres persönlichen Erfolges. Denn ohne die Übermacht der Gegner wäre uns die eigene Unfähigkeit nie aufgefallen. Wir dürfen scheitern, wir dürfen verlieren. Und müssen es auch. Um besser zu werden. Beim Fußball, im Leben. Egal, wo.

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